Wie stellen Sie sicher, dass Ihre nächste Restrukturierung nicht nur die Kosten reduziert – sondern Ihre Organisation tatsächlich stärkt?

Viele Unternehmen unterschätzen den kulturellen und organisatorischen Einfluss von Veränderungsprozessen – bis ihre Performance nach dem Personalabbau plötzlich sinkt.

Die meisten Organisationen sehen sich derzeit massiven Veränderungen gegenüber. Und oft heißt das auch: Strukturen müssen angepasst werden, Teams verändern sich, Orientierung fehlt, Menschen gehen.

Meist wird dieser Prozess als notwendiges „Abarbeiten“ verstanden – häufig unter dem Begriff Personalabbau oder Restrukturierung. Doch Reorganisationen greifen tiefer. Sie verändern nicht nur Organigramme, sondern prägen die Kultur einer Organisation – und ihre Zukunftsfähigkeit.

Wie solche Veränderungsprozesse gestaltet werden, entscheidet darüber, ob eine Organisation gestärkt aus einer Phase des Umbruchs hervorgeht oder langfristig an Vertrauen verliert.

Wir verstehen „Trennungsmanagement“ daher bewusst weiter: nicht als reines Offboarding oder Einzelmaßnahme, sondern als integrierten Bestandteil strategischer Organisationsentwicklung. Es reicht von der strategischen Vorbereitung, über kommunikative Gestaltung, Führung und HR, bis hin zur Arbeit mit den Verbleibenden und dem Aufbau nachhaltiger Strukturen.

Denn jede Trennung wirkt nach – auf diejenigen, die gehen, und auf diejenigen, die bleiben. Sie beeinflusst Motivation, Vertrauen und das Miteinander im Unternehmen. Professionelles Trennungsmanagement heißt deshalb nicht nur, Prozesse sauber abzuwickeln. Sondern vielmehr auch, Verantwortung zu übernehmen für die Menschen in der Organisation sowie die Kultur und Zukunft des Unternehmens.

Zwischen wirtschaftlicher Notwendigkeit und Menschlichkeit

In wirtschaftlich angespannten Zeiten sind Unternehmen richtigerweise im Modus der Effizienz: Zahlen müssen stimmen, Strukturen schlanker werden. Doch wenn die menschliche Seite aus dem Blick gerät, hinterlässt das Spuren im Engagement, im Vertrauen und in der Leistungsfähigkeit. 

Studien zeigen, dass schlecht geführte Trennungsprozesse langfristig mehr kosten können, als sie kurzfristig einsparen. Nicht nur finanziell, sondern auch kulturell – etwa durch sinkende Motivation, Know-how-Verlust oder erhöhte Fluktuation.

Denn die, die bleiben, beobachten genau, wie mit denen umgegangen wird, die gehen. Ihr Vertrauen in Führung und Organisation wächst oder schrumpft an solchen Momenten.

Wie ein Unternehmen mit Abschieden umgeht, sagt deshalb oft mehr über seine tatsächliche Haltung aus als jede Kommunikationskampagne.

„Trennungsmanagement weiter gedacht“: eine Führungs- und Organisationsaufgabe

Wir betrachten Trennungsmanagement gleichzeitig als – wenngleich herausfordernde, so doch zentrale – Führungsaufgabe und als Teil der Organisationsentwicklung. Entscheidend ist für uns, wirtschaftliche Notwendigkeiten, menschliche Bedürfnisse und organisatorische Anforderungen von Beginn an zusammen zu denken.

Dazu gehören aus unserer Sicht fünf Perspektiven – die zugleich unsere Arbeitsweise innerhalb der People Factory bestimmen:

Strategie klären

Klarheit darüber gewinnen, welche Ziele verfolgt werden, welche Alternativen bestehen und welche Kriterien Entscheidungen leiten. Diese strategische Arbeit beginnt deutlich vor dem eigentlichen Trennungsprozess.

HR stärken

HR sollte eine gestaltende Rolle einnehmen: als Sparringspartner:in der Führung, Prozessbegleiter:in, Brücke zum Betriebsrat und Garant für ein faires Miteinander.

Gute Trennungsprozesse brauchen rechtliche Sicherheit, aber vor allem kommunikative und emotionale Kompetenz. Hier entscheidet sich, ob HR verwaltet oder strategisch arbeitet.

Führungskräfte befähigen

Trennungsgespräche gehören zu den anspruchsvollsten Momenten im Führungsalltag. Führung benötigt dafür Haltung, Sprache und Sicherheit – nicht nur Information.

Wie Führungskräfte in diesem Moment agieren, prägt das Klima im Unternehmen weit über die eigentliche Entscheidung hinaus.

Kommunikation gestalten

Transparente, abgestimmte Kommunikation ist entscheidend, um Missverständnisse und Gerüchte zu vermeiden. Wer nachvollziehbar erklärt, warum Veränderungen nötig sind, schafft Vertrauen auch in schwierigen Zeiten.

Dabei geht es um Information und vor allem auch um Orientierung.

Die Organisation nach dem Abschied stärken

Die Verbleibenden tragen die Organisation weiter. Sie brauchen Perspektive und ein Gefühl von Stabilität.

Workshops, Teamformate und begleitende Gespräche unterstützen nicht nur die Verarbeitung des Erlebten, sondern schaffen die Grundlage für zukünftige Zusammenarbeit und Leistungsfähigkeit.

Hier entscheidet sich, ob Trennungen lediglich „abgewickelt“ werden oder ob Organisationen daraus lernen, wachsen und resilienter werden.

Studien zeigen

  • Survivor Syndrome: Verbleibende leiden häufig unter Unsicherheit oder Schuldgefühlen. Engagement sinkt, wenn Kommunikation fehlt (Appelbaum et al., 1997).

  • Outplacement wirkt: Qualifizierte Programme reduzieren Stress und stärken Selbstwirksamkeit (Karlshaus et al.).

  • Investitionen zahlen sich aus: Unternehmen, die respektvoll trennen und die Verbleibenden stärken, haben geringere Fluktuationsraten und bleiben attraktiver (Kienbaum, 2016).

  • Führung macht den Unterschied: Geschulte und gestärkte Führungskräfte reduzieren Risiken und sichern Zukunftsfähigkeit (Andrzejewski, 2010).

Eine Investition in Zukunftsfähigkeit

Trennungsmanagement ist kein reiner Kostenfaktor, sondern ein Beitrag zu Stabilität, Resilienz und organisationaler Lernfähigkeit. Gerade in Zeiten des Umbruchs zeigt sich, wie tragfähig Führung und Kultur wirklich sind.

„Weiter gedacht“ heißt für uns: Abschied und Zukunft gleichzeitig gestalten – mit den Menschen, die gehen, und denen, die bleiben.

So entstehen ein Prozess, der Veränderung aktiv gestaltet.

Fazit

„Trennungsmanagement weiter gedacht“ bedeutet:

• wirtschaftliche Entscheidungen transparent und nachvollziehbar zu treffen

• Menschen in dieser Phase empathisch zu begleiten

• von Anfang an mit denen zu arbeiten, die bleiben

• organisationale Strukturen zu schaffen, die die Zukunft tragen

• Veränderung als Teil von Organisationsentwicklung zu verstehen.

Damit Reorganisationen das Unternehmen stärken!

 

Quellen:

Appelbaum, S., Delage, C., Labib, N. & Gault, G.: The survivor syndrome: aftermath of downsizing. Career Development International, 1997.

Karlshaus, A., López, I., Abegg, H.: Outplacement: Perspektiven und ausgewählte Betrachtungsebenen der integrierten Beratung. (Working Paper, Cologne Business School), 2018

Alewell, D. & Pull, K.: Determinanten der Outplacement-Gewährung: Ergebnisse einer theoriegeleiteten empirischen Analyse. Zeitschrift für Arbeitsmarktforschung, 2009

Kienbaum Studies (2016), Trennungsmanagement 4.0 – Themen, Trends und Best Practices

Andrzejewski, Laurenz, 2010, Einfach mal die Klappe halten, in: WirtschaftsWoche Nr. 006 vom 08.02.2010

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